Debatte um neue Mittelstreckenraketen

Konzeptioneller Hintergrund und Folgen für die europäische Sicherheit - von Wolfgang Richter

 

Wolfgang Richter - Bildquelle: Zebis

Das FES Regionalbüro für Zusammenarbeit und Frieden in Europa hat eine Publikation von Wolfgang Richter veröffentlicht, die sich mit den Hintergründen der geplanten Stationierung amerikanischer landgestützter Raketen mittlerer Reichweite in Deutschland im Jahr 2026 befasst. Das Dokument behandelt die geplante Stationierung von US-amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland ab 2026, eine Entscheidung, die während des NATO-Gipfels in Washington im Juli 2024 bekannt gegeben wurde. Diese Maßnahme, die auf die sicherheitspolitische Lage in Europa, insbesondere auf die Bedrohung durch Russland, reagiert, hat das Potenzial, das strategische Gleichgewicht zwischen den USA und Russland zu verändern. Die Entscheidung könnte die Spannungen zwischen NATO und Russland weiter verschärfen und Auswirkungen auf die nukleare Rüstungskontrolle und die Sicherheit Deutschlands haben. Es werden verschiedene technische, militärische, bündnispolitische und innenpolitische Aspekte sowie mögliche Konsequenzen für die europäische Sicherheit beleuchtet.

Wolfgang Richter ist Oberst a. D., war Leitender Militärberater in den deutschen VN- und OSZE-Vertretungen und arbeitet jetzt als Associate Fellow beim Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik (GCSP). Er beschäftigt sich u. a. mit der Europäischen Sicherheitsordnung und der stabilisierenden Rolle der Rüstungskontrolle. 

 

 

Helmut Schmidt zur Stationierung landgestützter Raketen

„Landgestützte Raketen gehören nach Alaska, Labrador, Grönland oder in die Wüsten Libyens oder Vorderasiens, keineswegs aber in dicht besiedelte Gebiete; sie sind Anziehungspunkte für die nuklearen Raketen des Gegners. Alles, was Feuer auf sich zieht, ist für Staaten mit hoher Bevölkerungsdichte oder kleiner Fläche unerwünscht.“

Helmut Schmidt

Iskander in Kaliningrad

Zur Vorgeschichte eines fragwürdigen Arguments

Kritiker der geplanten Stationierung neuer Mittelstreckenraketen wird entgegengehalten, dass Deutschland schon lange durch russische Iskander-Raketen in der Exklave Kaliningrad bedroht werde. Die neuen US-Raketen seien daher lediglich eine Antwort auf diese Bedrohung.

Es lohnt daher, einen Blick auf die Vorgeschichte zu werfen. Diese reicht mindestens bis in das Jahr 2008 zurück. Damals drohte Russland erstmals, Iskander-Raketen mit einer Reichweite bis zu 500 km in der Region Kaliningrad aufzustellen – wenn die USA nicht von ihren Plänen abrücken würden, ein Raketenabwehrsystem in Tschechien und Polen zu errichten. 

Mit diesem Raketenabwehrsystem sollten angeblich Interkontinental-Raketen aus dem Iran abgefangen werden. Russland interpretierte das Vorhaben demgegenüber als gegen sich gerichtet –  als Gefährdung ihrer strategischen atomaren Zweitschlagfähigkeit. 

Der damalige russische Präsident Medwedew schlug stattdessen eine „Nulllösung“ vor: keine Raketenabwehr, keine Iskander-Raketen. 

In 2009 ließ US-Präsident Obama nach seinem Amtsantritt die Raketenabwehr-Pläne überprüfen und rückte von dem ursprünglichen Konzept ab. Zunächst sah es aus, als sei das ganze Projekt einer Raketenabwehr in Mitteleuropa damit erledigt. Russland verkündete unter diesem Eindruck, dass es auf die Stationierung von Iskander-Raketen in Kaliningrad verzichten werde. 

Anfang 2010 wurden neue Pläne für ein modifiziertes Raketenabwehrsystem bekannt. Neben Tschechien und Polen wurde erstmals als Rumänien als von der USA gewünschter Standort genannt. 

Im November 2010 beschloss dann die NATO auf Bestreben der USA , ein Raketenabwehrsystem gegen Kurz- und Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von bis zu 3.000 km zu erreichten. Zur Begründung diente erneut die Gefährdung aus dem Iran. Russland wurde zur Kooperation eingeladen. 

Im November erklärte die russische Seite die Kooperationsgespräche für gescheitert, weil es keinen echten Willen zur Kooperation auf Seiten der NATO gebe – was diese ihrerseits bestritt. Russland drohte erneut, Iskander-Raketen in Kaliningrad zu stationieren. 

Auf dem NATO-Gipfel im Mai 2012 wurde dann der Startschuss für den Aufbau des Raketenabwehrsystems gegeben. Russische Ankündigungen von Gegenmaßnahmen bis hin zu Drohungen mit einem Erstschlag gegen NATO-Einrichtungen wurden nicht ernst genommen

In 2016 wurde die erste Raketenabwehr der NATO in Rumänien in Betrieb genommen. Während die NATO betonte, dass das System nicht gegen Russland gerichtet sei, sah es die russische Seite „zu 1.000 Prozent gegen uns gerichtet“ und kündigte wiederum Gegenmaßnahmen an, darunter Iskander-Raketen in der Exklave Kaliningrad. 

Im Mai 2018 wurde dann bekannt, dass Russland tatsächlich mit der dauerhaften Stationierung von Iskander-Raketen begonnen hatte. In deutschen Zeitungen war von „einem Ende des Versteckspiels“ der Russen die Rede und einer erwarteten Reaktion auf die Verlegung von vier Nato-Bataillonen in die baltischen Staaten und nach Polen in 2017. Der Zusammenhang mit der Raketenabwehr blieb demgegenüber unerwähnt. 

Die Iskander-Raketen wurden auf westlicher Seite zwar als qualitativ neue Bedrohung gesehen, anfänglich aber nicht als Verletzung des INF-Vertrages über das Verbot von (landgestützten) Mittelstreckenraketen mit Reichweiten von über 500 bis 5.000 km. Es gab keine Zweifel daran, dass die aufgestellten Iskander-Systeme lediglich eine Reichweite von 500 km haben würden. 

Überraschend kündigten die USA unter dem neuen Präsidenten Trump im Herbst 2018 dann jedoch an, dass sie den INF-Vertrag in 2019 nicht verlängern, sondern auslaufen lassen würden. Begründet wurde dies damit, dass Russland mit einem neuen Iskander-Typ (SSC-8 bzw. 9M729), der eine Reichweite von bis zu 1.500 km besitze, den INF-Vertrag verletzt habe.

Erste vage Vorwürfe in dieser Richtung hatten die USA schon 2014 erhoben, wobei zunächst andere Raketen genannt wurden. Umgekehrt hatte Russland damals erstmals den Vorwurf erhoben, dass das geplante Raketenabwehrsystem in Rumänien und Polen (Tschechien war 2011 ausgestiegen) mit der universellen Raketenstartanlage MK-41 nicht nur Abwehrraketen, sondern auch Marschflugkörper mit Mittelstrecken-Reichweiten verschießen könne – was den INF-Vertrag verletze. 

Während die russischen Vorwürfe im Westen so gut wie keine Resonanz fanden, herrschten auch gegenüber den amerikanischen Vorwürfen anfangs offene Zweifel. Gerade in Deutschland gab es über die politischen Lager hinweg das große Interesse, den INF-Vertrag zu erhalten und nicht in ein neues gefährliches Wettrüsten in diesem Bereich einzutreten. Von der Bundesregierung, die von Trumps Entscheidung kalt erwischt, wurde noch der Versuch unternommen, den Vertrag zu retten. 

Nach dem vergeblichen Bemühen drehten die widerstrebenden Europäer (was nicht alle waren) dann bei und stellten sich hinter die Kündigung, offenbar um die ohnehin strapazierten Beziehung zum unberechenbaren Trump nicht weiter zu belasten. 

Harte Beweise für die russischen Vertragsverletzungen gab es zwar nicht, man behalf sich aber mit Erklärungen wie der folgenden: „Die spärlich verfügbaren Informationen schließen jedoch einen Verstoß mitnichten aus. Zum einen legt die Vehemenz, mit der die ­USA die Vorwürfe nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch bei ­NATO-Gipfeln und in Sitzungen der Speziellen Verifikationskommission (­SVC), einem Organ des ­INF-Vertrages, vorgetragen haben, nahe, dass drückende nachrichtendienstliche Beweise vorliegen, welche aber selbst nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. (…) Dass sich die amerikanischen Verbündeten geschlossen hinter den Vorwurf stellten, ohne schlüssige Beweise vorgelegt bekommen zu haben, ist eher unwahrscheinlich.“

Die Vehemenz der USA, die von den europäischen Iskander selbst gar nicht bedroht waren, hatte tatsächlich aber einen anderen Grund: China. „US-Beamte sagen, dass der Hauptgrund für den Rückzug darin besteht, Chinas wachsende militärische Macht und Selbstbehauptung zu bekämpfen. Sie argumentieren, dass die Vereinigten Staaten konventionelle bodengestützte Mittelstreckenraketen (GBIRs) gegen China einsetzen müssen - Systeme, die der INF-Vertrag den Vereinigten Staaten verbietet. Und da Peking dem Vertrag nicht beigetreten ist, hat die Volksbefreiungsarmee (People's Liberation Army, PLA) einen enormen Vorteil, argumentieren Beamte.“ (Übersetzung). In diesem Sinne und aus gleicher Quelle (Carnegie Endowment) auch ein Gastbeitrag in der FAZ. 

In der Hauptsache hatte die amerikanische Kündigung des INF-Vertrages somit den Grund, Mittelstreckenraketen gegen China aufstellen zu können.

Aber nicht nur das. In 2018 wurde in den USA bereits an dem neuen „Multi Domain Task Force“ – Konzept der US-Army gearbeitet, in dessen Rahmen der Einsatz abgestufter Mittelstreckensysteme vorgesehen ist. 

Schon bei Auslaufen des INF-Vertrages in 2019 gab es die Pläne, ein solches Konzept – nach der anfänglichen Fokussierung auf den „Kriegsschauplatz“ Indo-Pazifik - auch in Europa umzusetzen. „Obwohl die Multi-Domain Task Force in Europa erst am Anfang ihrer Entwicklung steht, wird erwartet, dass sie der US-Armee dabei helfen wird, ihre Doktrin für mögliche Bodenkampagnen gegen den Beinahe-Konkurrenten Russland zu entwickeln.“ 

Im Kern ist es somit nicht so, dass die neuen Mittelstreckenraketen in Deutschland aufgestellt werden, weil Russland mit seinen Iskander-Raketen den INF-Vertrag verletzt hat. Sondern umgekehrt: der INF-Vertrag wurde von den USA gekündigt, um solche Mittelstreckensysteme aufstellen zu können!

Nach dem Auslaufen des INF-Vertrages wurde von russischer Seite erklärt, sie würde sich weiter an die Bestimmungen des Vertrages halten, sofern nicht von amerikanischer Seite Mittelstreckenraketen auf dem europäischen Boden stationiert würden. Um die notwendige Transparenz zu gewährleisten schlug sie im Oktober 2020 ein gemeinsames Überprüfungsverfahren für die damals fraglichen Systeme vor: für die Iskander 9M729 in der Kaliningrad-Region, die nach US-Vorwürfen größere Reichweiten als 500 km haben soll; und für das Aegis Ashore Raketenabwehrsystem in Rumänien, bei dem Russland speziell den Launcher K-41 als potentielle Startvorrichtung für Marschflugkörper sieht. 

Von den USA wurde dieser Vorschlag nicht aufgegriffen.

Erst Ende 2021 – im Rahmen der Verhandlungen zwischen den USA und Russland im Vorfeld des russischen Angriffs auf die Ukraine – wurde auch von den USA ein ähnlicher Vorschlag unterbreitet: ein Transparenz-Mechanismus, der das Aegis-System der NATO in Rumänien und zwei russischen Raketen-Start-Basen, die die USA wählen können. 

Als Antwort auf die viel weitergehende russische Forderung nach militärischer Neutralität der Ukraine hatte das Angebot damals allerdings praktisch keine Chance. 

Das Angebot könnte aber perspektivisch wieder ein Anknüpfungspunkt sein für Verhandlungen mit dem Ziel, die Stationierung neuer US-Raketen zu verhindern und weiterhin – gerade auch gestützt über Transparenz- und Kontrollmaßnahmen Europafrei von landgestützten Mittelstreckenraketen zu halten. (Dass es see- und luftgestützte Systeme mit solcher Reichweiten gibt, die nicht unter den INF-Vertrag fielen, steht auf einem anderen Blatt.)

Festzuhalten ist jedenfalls: Jeder, der auf die Bedrohung durch die russischen Iskander-Raketen verweist, sollte wissen, dass es hinreichende Chancen gab, sie von vorneherein zu verhindern – Chancen, die von der NATO nicht genutzt und von den USA zunichte gemacht wurden!

 

über den Autor

Arno Gottschalk ist Mitglied der Bremischen Bürgerschaft und haushalts- und finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag der Freien Hansestadt Bremen.

EGON BAHR 

In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.

VDW plädiert für Dialog

Erklärung der VDW-Studiengruppe „Frieden und Europäische Sicherheit“ zur Stationierung von konventionellen „Long-Range Fire Deploy-ments“ in Deutschland

Die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) hat eine Erklärung zur geplanten Stationierung von US-amerikanischen Langstreckenraketensystemen in Deutschland ab 2026 veröffentlicht. In diesem Dokument analysiert die VDW-Studiengruppe "Frieden und Europäische Sicherheit" die möglichen Auswirkungen dieser Entscheidung auf die europäische Sicherheit und die globale nuklearstrategische Stabilität. 

Die Wissenschaftler äußern Bedenken hinsichtlich der mangelnden öffentlichen Diskussion und fordern eine gründliche Bewertung der Risiken und Folgen für Deutschland. Sie betonen die Notwendigkeit eines ergebnisoffenen Dialogs zwischen Regierung und Parlament sowie die Wichtigkeit rüstungskontrollpolitischer Maßnahmen, um ein eskalierendes Wettrüsten zu verhindern. 

 

Prof. Dr. Götz Neuneck, Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler für die VDW-Studiengruppe „Europäische Sicherheit und Frieden“ 

Bildquelle: Wikipedia

Erhard Eppler

Wenn ein Konservativer etwas nicht versteht, dann ist das linke Ideologie. Und insofern war ich ein linker Ideologe.

Überlegenheit und Siegfähigkeit durch Geschwindigkeit, Reichweite und Integration – Die „Multi-Domain“-Doktrin hinter den neuen US-Raketen

von Arno Gottschalk

Die geplante Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland stellt weit mehr dar als nur die Einführung neuer Waffensysteme mit größerer Reichweite. Sie ist Teil einer umfassenden strategischen Neuausrichtung der US-Armee, die darauf abzielt, durch modernste Technologien Positions- und Fähigkeitsvorteile zu gewinnen, um in der Frühphase eines Krieges schnell die Oberhand zu gewinnen.

 

Neue Politik des Erstschlagsrechts

Der Erhard-Eppler-Kreis empfiehlt die Beiträge von Wolfgang Richter und Jochen Luhmann, die auf einen bedeutenden Strategiewechsel innerhalb der Bundeswehr hinweisen.

Jochen Luhmann ist ein renommierter Friedensforscher, der sich mit sicherheitspolitischen und ethischen Fragen der Militärstrategie auseinandersetzt und regelmäßig zu friedenspolitischen Themen publiziert. Wolfgang Richter, Oberst a. D., war leitender Militärberater in den deutschen Vertretungen bei den Vereinten Nationen und der OSZE und arbeitet heute als Associate Fellow am Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik (GCSP). 

Die Stationierung von US-Raketen auf deutschem Boden und das damit verbundene Erstschlagsrecht stehen im Mittelpunkt des Beitrages von Jochen Luhmann. Befürworter, wie Brigadegeneral Maik Keller, argumentieren, dass diese Maßnahme zur Abschreckung und zur Flexibilisierung der europäischen Verteidigung beitragen soll. Laut Keller sei die Stationierung notwendig, um „einem Angriff … zu begegnen, bevor auf uns geschossen wird,“ wobei ein möglicher Angriff als Rechtfertigung für präventive Aktionen interpretiert wird. Diese Formulierung, die präemptives Handeln als Verteidigung legitimiert, verschiebt die Definition von Angriff und Verteidigung und stellt nach Ansicht des Friedensforschers Jochen Luhmann eine fundamentale Untergrabung der UN-Charta dar, insbesondere des Artikels 51, der das Recht auf Selbstverteidigung auf den Fall eines tatsächlichen bewaffneten Angriffs beschränkt.

Luhmann kritisiert scharf, dass die NATO durch diese Haltung eine Strategie der Präemption verfolgt, die auf den ersten Angriff setzt, um einen vermeintlichen Angriff zuvorzukommen. Diese Haltung, so Luhmann, erinnert gefährlich an die nukleare Aufrüstungslogik der frühen 1950er Jahre, die erst durch das „Mutually Assured Destruction“-Prinzip (MAD) stabilisiert werden konnte. Ein entsprechendes Stabilisierungskonzept für konventionelle Langstreckenraketen (LRF-Waffen), wie sie jetzt in Deutschland stationiert werden sollen, fehlt jedoch. Diese Abhängigkeit von einer potentiell eskalierenden Kriegsführungsstrategie sei ein enormes Sicherheitsrisiko für Deutschland und Europa, da sie Russland unter Druck setzt, auf mögliche Bedrohungen früher und heftiger zu reagieren.

Auch Wolfgang Richter, ehemaliger Oberst und Militärberater, hinterfragt die Strategie scharf. Er weist darauf hin, dass der derzeitige Stand der NATO-Luft- und Seestreitkräfte in Europa eine enorme Überlegenheit gegenüber Russland sichert, was bereits eine ausreichende Abschreckung darstellt. Eine zusätzliche Stationierung von bodengestützten Langstreckenraketen könnte die strategische Stabilität jedoch erheblich gefährden, indem sie das Vertrauen Russlands in die bestehende Sicherheitsordnung schwächt und möglicherweise einen neuen Rüstungswettlauf provoziert. Richter warnt, dass die „Perzeption der anderen Seite“ entscheidend sei. Wenn Russland die Stationierung als Möglichkeit eines Überraschungsangriffs sieht, könnte dies den Präemptionsdruck auf Seiten Russlands erhöhen, insbesondere in Krisenzeiten.

Keller behauptet, die Entscheidung, diese Waffen im Ernstfall einzusetzen, werde stets durch den NATO-Rat getroffen, was Luhmann jedoch anzweifelt. Er betont, dass es fraglich sei, wie ein einstimmiger Beschluss unter 32 NATO-Mitgliedern in einer Notlage, die schnellstmögliche Reaktionen erfordert, überhaupt praktikabel umgesetzt werden könnte. Solche Unsicherheiten hinsichtlich der Entscheidungsstrukturen verstärken laut Luhmann die Instabilität, die durch diese Raketenstationierung ohnehin geschaffen wird. Die Ambiguität der Begriffe und die Neudefinition von „Verteidigung“ als präventiven Angriff, wie Keller es formuliert, mache Deutschland in den Augen Luhmanns und Richters extrem anfällig für eine Eskalation.

 

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